Wie verläuft ein warmer Tramadol- bzw. Tramal-Entzug?
Wenn die Behandlung mit Tramadol keine Linderung mehr bringt, sondern die Tabletten nur noch eingenommen werden, um die Entzugserscheinungen zu lindern, ist ein qualifizierter Tramadol-Entzug der einzige Weg zurück in ein gesundes Leben. Diesen Schritt können Betroffene am besten in einer professionellen Entzugsklinik schaffen. Dort müssen sie nicht von heute auf morgen auf die Einnahme der Medikamente verzichten, sondern werden durch eine kontinuierliche Verringerung der Dosis schrittweise von der Wirkung des Arzneistoffs entwöhnt, setzen sich im Anschluss an die Entgiftung mit den psychischen Ursachen der Sucht auseinander und erhalten einen detaillierten Nachsorgeplan für die Zeit nach dem Tramadol-Entzug.
Entgiftung
Um den Stress für den Körper so gering wie möglich zu halten und den natürlichen Botenstoffwechsel sanft und schonend wieder in die Balance zu bringen, erhalten die Patienten einen individuellen Dosierungsplan, in dem das Ausschleichen, d. h. die schrittweise Reduktion des Opioids, festgelegt wird. Die Entzugserscheinungen werden bereits durch diesen fraktionierten Medikamentenentzug deutlich reduziert. Zusätzlich kann der behandelnde Arzt der Klinik eine parallele Medikation empfehlen, die dabei hilft, Tramadol-Entzugserscheinungen zusätzlich zu lindern. Das betrifft sowohl die körperlichen als auch die psychischen Symptome. Der körperliche Entzug gilt dann als abgeschlossen, wenn alle Stoffwechselprodukte (Metaboliten) vollständig abgebaut sind. Manchmal ist es, wie oben bereits erwähnt, auch sinnvoll, eine andere Medikation längerfristig in den Medikamentenplan des Patienten zu integrieren, wie ein Antidepressivum oder eine andere Klasse an Schmerzmedikation, die kein Abhängigkeitspotenzial besitzt.
Entwöhnung
Schmerzen, die nicht durch eine körperliche Erkrankung oder dysfunktionale Beeinträchtigungen hervorgerufen werden, können oft psychische Gründe haben. Man spricht dann von sog. psychosomatischen Schmerzen. Da keine physischen Ursachen zugrunde liegen, fällt die ärztliche Diagnostik dementsprechend schwer. Diese Patienten durchlaufen oft eine jahrelang dauernde Diagnostik mit vielen umständlichen Untersuchungen ohne Ergebnis. Dieser Ärztemarathon belastet zusätzlich und verstärkt die Symptomatik noch. Es wird für die Betroffenen immer schwieriger, Ärzten noch zu vertrauen und oftmals besteht die Sorge, an einer sehr seltenen schweren Erkrankung zu leiden, die nur noch nicht erkannt wurde.
In psychotherapeutischen Einzelsitzungen sollte man auf die Suche nach den Gründen der Entstehung dieser psychosomatischen Beschwerden gehen. Das ist in diesen Fällen die bestmögliche Hilfe für den verzweifelten Patienten. Mit dem Verständnis der Entstehung der Schmerzen lösen diese sich oftmals auf oder werden deutlich schwächer. Manche Medikamente, wie das Antidepressivum Amitriptylin, werden sowohl zur Behandlung von Depressionen als auch von Schmerzen eingesetzt, was bei psychosomatischen Patienten oft eine optimale Ergänzung zur Psychotherapie ist.
In der Entwöhnungstherapie erhält der Suchtkranke eine intensive psychotherapeutische Behandlung, die je nach Einrichtung sowohl aus Einzel- als auch aus Gruppentherapien bestehen kann. Das Ziel der Therapie ist es, die Ursachen des Schmerzmittelkonsums zu ermitteln, zu bearbeiten und durch „gesündere“ Lösungen zu ersetzen. Patienten mit chronischen Schmerzen können beispielsweise mithilfe von Begleittherapien wie Akupunktur oder Sportangeboten neue Wege finden, um den Schmerz anders bewältigen zu lernen.
Sollten psychische Gründe die Ursache sein, gilt es, sich diese in der begleitenden Psychotherapie bewusst zu machen, so dass eine Flucht in den Schmerz nicht mehr notwendig ist. Darüber hinaus ist es natürlich wichtig, Begleiterkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen ärztlich, therapeutisch und auch manchmal medikamentös mit zu behandeln und dem Patienten ein deutlich besseres Lebensgefühl zu vermitteln.
Ambulante Nachsorgetherapie
Auch wenn eine Entziehungskur mehrere Wochen dauern kann – irgendwann ist der stationäre Aufenthalt in der Klinik beendet und der Abhängige kehrt zurück in seine eigenen vier Wände. Für viele Patienten, welche die Symptome der Krankheit erfolgreich bekämpft haben, ist dieser Schritt trotzdem mit einem mulmigen Gefühl verbunden. Zwar lernen sie in der Therapie neue Verhaltensstrategien, die ihnen dabei helfen, künftig keine Schmerzmedikamente oder andere Suchtmittel nehmen zu müssen, trotzdem fühlen sie sich unsicher, ob sie es tatsächlich schaffen werden, stark zu bleiben. Und dies nicht zu Unrecht, denn eine Opioid-Abhängigkeit kann wie jede Sucht durch das entstandene Suchtgedächtnis nie völlig geheilt werden, sondern nur durch eine vollständige Abstinenz bewältigt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es empfehlenswert, nach dem Klinikaufenthalt entsprechende Hilfsangebote anzunehmen. Dazu zählen in erster Linie der Besuch eines Nachsorgetherapeuten und die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe.