Wie verläuft ein Tilidin-Entzug?
Ein qualifizierter Tilidin-Entzug umfasst eine Entgiftung und Entwöhnung, an die sich eine ambulante Nachsorge anschließen sollte. Dem Entzug voraus geht in der Regel immer eine sogenannte Motivationsphase, in der sich die Betroffenen ihre Abhängigkeit eingestehen und sich professionelle Hilfe suchen.
Entgiftung
Wie bei vielen Medikamenten erfolgt die Entgiftung von Tilidin fraktioniert, d. h. stufenweise. Dabei wird auf ein Mittel mit einer mittleren Halbwertzeit umgestellt, beispielsweise auf teilbare Tabletten oder Tilidin-Tropfen. So kann die Dosis besser über den Tag verteilt und kleinere Reduktionsschritte gewählt werden. Durch die mittlere Halbwertzeit wird zum einen ein sich steigernder Effekt durch eine lange Halbwertzeit und zum anderen ein zu schneller Wirkstoffabfall im Blut und die damit verbundenen Entzugserscheinungen vermieden. Alternativ kann die täglich zugeführte Menge auch in ein anderes Opioid (beispielsweise L-Polamidon, 0,5%ige Lösung) umgerechnet und nach und nach ausschleichend abgesetzt werden. Zusätzlich können auftretende Entzugserscheinungen durch nicht abhängig machende Medikamente gelindert werden.
Entwöhnung
Allerdings wird es in den wenigsten Fällen ausreichen, die Dosierung nach und nach zu reduzieren. Vielmehr ist es wichtig, auch die Grunderkrankung und die psychische Abhängigkeit zu behandeln. Schließlich entsteht durch die Einnahme von Tilidin zunächst ein hohes Maß an Zufriedenheit, Euphorie und Selbstbewusstsein. Der Betroffene traut sich vieles zu und möchte dieses erhebende Gefühl verständlicherweise so schnell nicht wieder aufgeben. In spezialisierten Suchtkliniken wird genau diese Problematik in Einzel- und Gruppentherapien aufgegriffen und bearbeitet. Es werden alternative Lösungen entwickelt, die dem Patienten auch ohne Suchtmittel ein gutes Gefühl vermitteln und somit die nachhaltige Abstinenz stärken.
Darüber hinaus werden psychisch bedingte Suchtursachen analysiert, denn nicht jeder Mensch mit chronischen Schmerzen entwickelt eine Medikamentenabhängigkeit. Vielmehr ist zu vermuten, dass bei vielen Betroffenen die Grundlagen für den Griff zum Schmerzmittel bereits in der Kindheit gelegt wurden. Wer bereits hier gelernt hat, Beschwerden und Schmerzen sofort mit einem Medikament zu lindern, wird auch als Erwachsener eher zum Schmerzmittel greifen, anstatt sich aktiv mit dem Schmerz auseinanderzusetzen. Mögliche Lösungsansätze können das Erlernen einer aktiven Schmerzbewältigung und die Teilnahme an Entspannungsverfahren und Kreativtherapien sein.
Nachsorge
Durch das Suchtgedächtnis ist die Behandlung einer Suchterkrankung ein lebenslanger Prozess, der auch nach einem erfolgreichen Schmerzmittel-Entzug fortgeführt werden muss. So gilt es, die erreichte Abstinenz ambulant zu stabilisieren und ein erneutes Abrutschen in den Konsum des Schmerzmittels zu verhindern. Um auch langfristig abstinent zu bleiben, sind die Teilnahme an einer ambulanten Psychotherapie und der Besuch einer Nachsorge- oder Selbsthilfegruppe essenziell. Darüber hinaus bieten einige Kliniken Auffrischungstherapien an, in der die während des Entzugs erlernten Verhaltensweisen vertieft und ggf. an den Alltag angepasst werden.