Was besagt das Suchtdreieck nach Kielholz und Ladewig?
Das Suchtdreieck nach Kielholz und Ladewig wurde im Jahr 1973 das erste Mal vorgestellt und setzt sich aus den drei Komponenten Mensch, Milieu und Mittel zusammen. Das Suchtdreieck nach Feuerlein stellt eine Erweiterung dieses Modells dar und wurde im Jahr 1989 präsentiert, basiert allerdings auf denselben wissenschaftlichen Annahmen.
Die Voraussetzungen des Individuums
Innerhalb der Trias der Einflussfaktoren für die Entstehung von Alkoholismus und Drogensucht umfasst die Komponente „Mensch“ alles, was mit den individuellen Merkmalen einer Person zu tun hat. Dazu zählen u. a.:
- die konstitutionellen Voraussetzungen wie Gesundheitszustand, Geschlecht, Gewicht oder Metabolismus
- Strukturen der Persönlichkeit, z. B. abhängige Persönlichkeit
- biographische Ereignisse,
- die aktuelle Stimmung, z. B. Trauer nach Verlust oder Ängste
- die Einstellung zu Suchtmitteln, z. B. Verharmlosung der Folgen
- das Selbstwertgefühl,
- Problemlösungsstrategien und
- der Umgang mit Gefühlen.
So haben Geschlecht, Gewicht und gesundheitliche Verfassung einen großen Einfluss auf die Wirkung von Alkohol oder anderen psychotropen Substanzen. Wer weniger wiegt oder gesundheitlich angeschlagen ist, verspürt bereits nach einer geringen Dosis die Rauschwirkung des konsumierten Suchtmittels. Auch der Alkoholabbau wird durch die körperlichen Voraussetzungen beeinflusst. Wie schnell jemand betrunken wird, wie gut er Alkohol abbauen kann oder wie schlimm die Nebenwirkungen ausfallen, nimmt einen erheblichen Einfluss auf die Entstehung einer Alkoholsucht.
Bei den individuellen Voraussetzungen rücken noch weitere Aspekte in den Fokus. Betroffene, die in Familien aufgewachsen sind, in denen grundsätzlich viel Alkohol getrunken wurde, neigen vermehrt dazu selbst zu trinken. Auch die Beziehung zu den Mitmenschen und der eigenen Person kann die Entstehung eines Suchtverhaltens begünstigen. Wer mit sich selbst zufrieden ist, ein gesundes Konfliktlöseverhalten an den Tag legt und „gesunde“ Beziehungen eingehen kann, bildet deutlich weniger häufig eine physische und/oder psychische Sucht aus. Fällt es jemandem hingegen schwer, seine Gefühle zu zeigen, werden Konflikte unter den Teppich gekehrt, besteht ein schlechtes Bild von sich selbst oder hat er womöglich den Zugang zu den eigenen Gefühlen verloren, ist das Risiko für den Missbrauch von Rauschmitteln deutlich stärker ausgeprägt.
Der Einfluss der konsumierten Substanz
Die Wirkung einer Droge kann erheblichen Einfluss auf die Suchtentstehung haben. Wer beispielsweise Cannabis oder Alkohol konsumiert und sich danach schlecht fühlt, wird vermutlich weniger gefährdet sein, eine Sucht auszubilden, als jemand, der den Rausch in vollen Zügen genießen kann. Auch die Konsumart der Substanz kann die Suchtentstehung beschleunigen oder verhindern. Während Alkohol beispielsweise völlig unkompliziert getrunken wird, muss Heroin aufwändig für den Konsum präpariert und anschließend in eine Vene (Ader) gespritzt werden. Ein einfacher Konsum kann die Suchtentstehung begünstigen. Das trifft auch auf den Preis und die Verfügbarkeit zu. Je leichter zugänglich eine rauscherzeugende Substanz ist und je geringer die Kosten, umso höher ist die Gefahr einer Abhängigkeitsentstehung. Während Heroin oder Kokain nur illegal am Schwarzmarkt zu bekommen sind, werden Alkohol und Nikotin legal in ganz Deutschland verkauft – der Zugang ist demnach wesentlich direkter, was das Suchtpotenzial erhöht.
Die Auswirkungen des Milieus
Die Art und Weise, wie eine Person gesellschaftlich integriert ist und wie Drogen oder andere psychoaktive Stoffe bewertet werden, kann die Ausbildung einer Suchtkrankheit nachhaltig beeinflussen. In manchen kulturellen Kreisen gehören alkoholische Getränke zum Alltag dazu, während ihr Konsum in anderen Kreisen verboten ist. Wer sich viel in der Gesellschaft von Menschen aufhält, die gern und häufig Alkohol trinken, ist einer größeren Gefahr ausgesetzt, sich selbst zunehmend an den Alkoholgenuss zu gewöhnen. Auch religiöse Aspekte können Einfluss nehmen. So ist Alkohol etwa im Islam wenig geschätzt, wodurch der Konsum beispielsweise unter muslimischen Jugendlichen geringer ausfällt, als bei Heranwachsenden ohne Migrationshintergrund. Der Einfluss des Milieus ist aber nicht nur mit Blick auf die allgemeine Gesellschaft relevant, sondern kann bereits im persönlichen Umfeld folgenschwer sein. Betroffene, die sozial gut eingebunden sind, einen erfüllenden Job haben oder sich schulisch gut aufgehoben fühlen, neigen weniger häufig dazu eine Alkoholabhängigkeit oder eine andere Sucht auszubilden. Dasselbe gilt für Menschen, die ein aktives Freizeitleben führen und den Rückhalt ihrer Familie spüren.