Wie mit Suchtdruck umgehen?
Ob Betroffene an einer Alkoholabhängigkeit leiden oder rauschgift- bzw. medikamentensüchtig sind – die meisten Strategien gegen das Craving sind multifunktional und können bei allen Arten einer Abhängigkeit hilfreich sein. Ganz besonders wichtig ist jedoch, dass jeder Patient seinen eigenen Weg in eine dauerhafte Abstinenz findet. So müssen sämtliche Lösungsmöglichkeiten der Persönlichkeit und der Lebenssituation des Abhängigen entsprechen, um langfristig alte Muster beenden zu können.
Ablenkung gegen das Verlangen
Patienten, die an einer Alkoholabhängigkeit leiden und in einer stationären oder ambulanten Therapie entziehen, entscheiden sich vielfach dazu, Situationen, in denen Craving entstehen kann, zu vermeiden und sich beim Auftreten des starken Suchtdrucks möglichst schnell abzulenken. So sollten vor allem in der Anfangszeit Bars, Kneipen und andere Örtlichkeiten, in denen Anwesende Alkohol trinken, konsequent gemieden werden. In Situationen, in denen das Umfeld trinkt, sollten sich die Betroffenen die Möglichkeit schaffen, sich jederzeit entfernen und den Rückzug antreten zu können.
Darüber hinaus ist es sehr sinnvoll, mithilfe neuer Hobbys für Ablenkung zu sorgen. Vor allem Sport und kreative Tätigkeiten wie Malen und Zeichnen, Töpfern oder das Erlernen eines Instruments können den Fokus von der Substanz ablenken und helfen, im eigenen Leben wieder einen neuen Sinn zu finden – ohne Konsum der abhängigkeitserzeugenden Substanzen. Vorsicht ist in diesem Zusammenhang jedoch hinsichtlich einer Suchtverlagerung geboten. Viele ehemalige Alkohol- oder Drogenabhängige, die nach einem Entzug erfolgreich auf den Substanzkonsum verzichten, wenden sich Sucht-Alternativen wie Nikotin oder zuckerhaltigen Speisen zu. Derartige Folgen ergeben sich häufig, wenn die Sucht nicht ausreichend therapeutisch aufgearbeitet wurde.
Gespräche gegen das Craving
Millionen Menschen sind suchtkrank, doch nur ein Bruchteil von ihnen holt sich im Kampf gegen die Medikamenten- und Drogensucht oder die Alkoholabhängigkeit professionelle Hilfe und Unterstützung. Dabei sind es vor allem therapeutische Gespräche, die dabei helfen können, das starke Substanzverlangen zu lindern und besser zu regulieren. Selbsthilfegruppen wie die Anonymen Alkoholiker bieten den Austausch mit anderen Süchtigen an. Über akute Stresssituationen mit einem erhöhten Rückfallrisiko zu sprechen, kann Ängste lindern und das Craving in seiner Bedeutung schmälern. Ebenfalls förderlich können Gespräche mit guten Freunden, der Familie oder Sozialarbeitern sein.
Den Suchtdruck aushalten
Nicht alle Ansätze, die sich mit der Behandlung des krankhaften Konsums von Medikamenten, Drogen und Alkohol beschäftigen, zielen auf Ablenkung und Gespräche ab. Immer mehr neue Methoden beschäftigen sich stattdessen mit dem Gedanken, dass das Aushalten des Verlangens auf lange Sicht bessere Erfolge verspricht. Ein Beispiel hierfür sind Achtsamkeitstrainings, bei denen es vorrangig darum geht, die körperliche Wahrnehmung zu verbessern. Wer intensiv spürt, was er fühlt, kann innerhalb kürzester Zeit auf Signale angemessen reagieren. Oftmals macht sich der Suchtdruck schließlich nicht nur mit psychischen Symptomen bemerkbar, sondern auch durch körperliche Signale, wie etwa Magenschmerzen, Schwitzen oder Zittern. Wer in der Therapie lernt, diese Signale richtig zu deuten, kann die passenden Maßnahmen ergreifen und so gezielt die Gefahr eines Rückfalls verringern.
Darüber hinaus wird das starke Suchtverlangen im Rahmen des Achtsamkeitstrainings ganz neu betrachtet. Anstatt sich abzulenken und dem Problem aus dem Weg zu gehen, konzentrieren sich die Patienten voll und ganz auf das Verlangen. Sie spüren, wie der Druck in ihrem Inneren ansteigt, sich wie eine hohe Welle auftürmt, dann aber allmählich wieder abebbt. Wenn Menschen mit einer Alkoholabhängigkeit oder einer anderen Sucht im Rahmen von Therapie und Behandlung lernen, dass das Verlangen nach dem Suchtmittel nicht konstant hoch bleibt, sondern mit der Zeit sicher abflaut, können sie die Erfahrung eines neuen Reiz-Reaktionsmusters machen. In Situationen, in denen sie normalerweise den Konsum von Medikamenten, Drogen oder Alkohol zur Problemlösung genutzt haben, können sie nun anders reagieren und ihr Leben entsprechend nicht mehr von den Substanzen steuern lassen.