Welche Krankheiten kann das Nervengift Alkohol auslösen?
Die für Nerven und Zellen schädliche Alkoholwirkung kann bei Betroffenen viele Symptome und Erkrankungen hervorrufen. Besonders ungünstig ist dabei, dass viele typische Symptome aufgrund von Nervenschäden von den Betroffenen häufig zunächst ignoriert oder infolge des Alkoholrausches gar nicht wahrgenommen werden. Dabei ist eine wirksame Behandlung der Symptome mit Medikamenten und anderen Therapieformen vor allem im Anfangsstadium häufig noch möglich.
Alkohol Nervengift: Polyneuropathie als Folge
DiePolyneuropathie bzw. alkoholische Polyneuropathie wird entweder direkt durch einen erhöhten und chronischen Alkoholkonsum oder indirekt durch einen Vitamin B1- oder einen Vitamin B12-Mangel ausgelöst und umfasst Nervenschädigungen des peripheren Nervensystems. Betroffen sein können die motorischen Nerven (Zuckungen & Krämpfe der Muskeln, Muskelschwäche), das vegetative Nervensystem (Herzrasen, Ödeme, Magen-Darm-Beschwerden) oder die sensiblen Nerven (Kribbeln / Schmerzen in den Beinen, Taubheitsgefühle, Störungen der Druck- und Temperaturwahrnehmung, Gangunsicherheit). Je nach Variante der Polyneuropathie sind entweder die Myelinschicht (Schutzschicht) oder die Zellfortsätze der Nervenzellen von der alkoholinduzierten Schädigung betroffen.
Nervenschäden durch Alkohol: Wernicke-Enzephalopathie und Korsakow-Syndrom
Beim Korsakow-Syndrom handelt es sich um eine durch chronischen Alkoholkonsum ausgelöste Gedächtnisstörung, die auf einem Thiaminmangel und einer daraus folgenden Schädigung des zentralen Nervensystems beruht. Weil ein missbräuchlicher Alkoholkonsum häufig zu einer Mangelernährung oder Resorptionsstörungen führt, wird hierdurch eine Unterversorgung mit Vitamin B1 ausgelöst. Das führt zu Schädigungen im Hippocampus sowie in den Mammilarkörpern. Häufig geht dem Korsakow-Syndrom eine Wernicke-Enzephalopathie, eine potenziell tödliche Akuterkrankung voraus. Diese ist im Gegensatz zum Korsakow-Syndrom meist heilbar. Bildet sich das Wernicke-Korsakow-Syndrom vollständig aus, führt dies zu Symptomen wie Gedächtnisstörungen, Gefühlsschwankungen, starker Müdigkeit und Erschöpfungszuständen. Zudem kann begleitend eine Polyneuropathie auftreten.
Alkohol Nervengift: Demenz als alkoholbedingte Störung
Insbesondere bei Menschen, die einen dauerhaft erhöhten Alkoholkonsum pflegen, wird das Nervensystem durch den indirekten Einfluss der neurologischen Substanz geschädigt. So führt der oftmals mit einer Alkoholabhängigkeit einhergehende Vitamin B-Mangel zu einer Unterversorgung mit Nicotinsäure und Tryptophan, was wiederum Veränderungen im sogenannten Motorcortex sowie weiteren Hirnarealen zur Folge hat. Daraus entwickelt sich nicht selten eine alkoholinduzierte Demenz, die normalerweise nicht mehr rückgängig zu machen ist.
Zentrale pontine Myelinolyse (ZPM) als Folge des Nervengifts Alkohol
Die zentrale pontine Myelinolyse ist ebenfalls eine neurologische Erkrankung, die bei Menschen mit einem dauerhaft erhöhten Alkoholkonsum auftreten kann. So ist ca. jeder 20. Alkoholkranke (überwiegend Biertrinker) von der Erkrankung betroffen. Hauptursächlich für die ZPM sind Elektrolytschwankungen, d. h. ein zu rasanter Anstieg der Natriumkonzentration nach einer vorherigen Hyponatriämie durch Mangelernährung. Meist tritt die zentrale pontine Myelinolyse rund eine halbe Woche nach Ausgleich der Hyponatriämie auf und kann zu Schädigungen der Myelinscheiden, insbesondere im Bereich des Hirnstamms führen. Das kann sich anhand von Symptomen wie Müdigkeit und Bewegungsstörungen oder aber auch in Gesichtslähmungen, Bewusstseinsstörungen und Koma sowie Atemstillstand äußern. Um die Entstehung einer ZPM zu verhindern, ist es daher wichtig, die Natriumkonzentration im Körper der Betroffenen ganz allmählich zu steigern.
Marchiafava-Bignami-Syndrom (Corpus-callosum-Atrophie) als Nervenschaden durch Alkohol
Hierbei handelt es sich um eine neuropsychiatrische Krankheit, die vornehmlich Menschen mit Alkoholismus betrifft, deren Ursache aber noch nicht vollständig geklärt ist. Auch diese Erkrankung tritt hauptsächlich in Verbindung mit einem Vitaminmangel durch Alkohol auf. Gekennzeichnet ist sie durch eine Degeneration – in schweren Fällen auch durch eine Nekrose (traumatischer Zelltod) – im Corpus callosum, dem sogenannten Balken des Gehirns. Die Folge ist eine bisweilen chronische Verminderung der Intelligenz. Motorische Störungen und epileptische Anfälle können ebenfalls auftreten. Bei schweren akuten Verlaufsformen ist das Marchiafava-Bignami-Syndrom lebensgefährlich.