Interview Fr. Nürnberger, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie,
Fachärztin für Neurologie
Interview vom 04.06.2024
Wie sind Sie auf die Stellenangebote der My Way Betty Ford-Klinik aufmerksam geworden?
Ich bin durch die Empfehlung einer früheren Kollegin zur My Way Betty Ford Klinik gekommen. Zunächst habe ich nach meiner Facharztausbildung nur stundenweise am Wochenende hier gearbeitet – zum einen, weil es damals keine freie Stelle gab und zum anderen, weil eine Vollzeitstelle für mich damals eigentlich nicht in Frage kam, da ich in Würzburg wohne.
Wie ist es dazu gekommen, dass Sie nun doch hier arbeiten?
Es sind ganz viele Punkte, die dazu beigetragen haben, dass ich eine Vollzeitstelle übernommen habe und die lange Fahrtzeit von einer Stunde auf mich nehme. Neben dem überdurchschnittlichen Gehalt und einem neuen Firmenwagen alle drei Jahre, den jeder Arzt bekommt, sind es vor allem die Rahmenbedingungen, die dazu beigetragen haben und noch immer beitragen, dass ich weiterhin sehr gerne hier arbeite.
Wie lange sind Sie schon bei der My Way Betty Ford-Klinik?
Seit April 2020.
Was gefällt Ihnen an Ihrem Job besonders gut?
Mir gefällt besonders die Variabilität meiner Arbeit. Ich habe Akutpatienten, mache medikamentöse Einstellungen, arbeite psychotherapeutisch und behandle fast alle psychischen Erkrankungen. Zudem arbeite ich auch im Bereich Psychoedukation.
Als Arzt ist man hier also nicht nur für die medizinische Versorgung verantwortlich, sondern hat selbst auch zwei bis vier eigene Patienten, die man psychotherapeutisch unterstützt. Jeder meiner Patienten hat vier Psychotherapietermine pro Woche à 50 Minuten bei mir. So kann ich die individuelle Entwicklung eng begleiten und unterstützen und die Fortschritte unmittelbar miterleben. Ab der 2. Woche sieht man von Tag zu Tag eine deutliche Entwicklung. Der Gang, die Augen, das Lächeln – all das verändert sich. Es ist schon eine große Erfüllung als Arzt, das zu sehen. Bei der Arbeit als niedergelassener Arzt kann man das in dieser Intensität nicht erleben, weil die Patienten nicht so engmaschig betreut werden.
Manche Patienten schreiben uns nach der Behandlung in der Klinik E-Mails oder schicken Karten. Es ist schön, zu erfahren, wie die Patienten ihr Leben meistern. Viele schaffen es schon nach dem ersten Aufenthalt, abstinent zu bleiben und Rückfälle zu verhindern, manche brauchen etwas länger und kommen nochmal wieder, bis alle Suchtursachen bewusst und bearbeitet sind. Insgesamt sind die Patienten sehr dankbar.
Einer der Hauptgründe, warum ich hier arbeite und täglich von Würzburg pendle, sind die individuellen Gestaltungsfreiräume für meine Arbeit. Innerhalb des Rahmens, der durch das Konzept und die Leitlinien vorgegeben ist, kann ich für die Patienten den individuell besten Weg und die beste Therapie wählen und auch neuere therapeutische Ansätze integrieren. Mein Wissen aus Fortbildungen kann ich direkt anwenden. Die Behandlungsmöglichkeiten sind sehr vielfältig, von EMDR über Hypnose bis zu Akupunktur. Mein Alltag ist dadurch unheimlich flexibel und variabel. Wenn ich Fragen oder Anregungen habe, kann ich mich zudem jederzeit an die Professoren unseres wissenschaftlichen Beirats wenden.
Was ich hier auch sehr schätze, ist das starke Team, der familiäre und offene Umgang miteinander sowie die kurzen und schnellen Kommunikationswege. Wir arbeiten sehr unterstützend und sind mit allen per du. Wer sich nicht nur beruflich, sondern auch persönlich weiterentwickeln möchte, findet hier optimale Bedingungen. Wer bei uns arbeitet, bleibt garantiert nicht stehen, weder beruflich noch persönlich.
Was unterscheidet die Arbeit in der MWBF-Klinik von anderen Kliniken?
Was die Arbeit hier besonders macht, ist auf jeden Fall die Individualität und Variabilität bei der eigenen Arbeit und das ganzheitliche Arbeiten mit den Patienten. Man ist hier nicht an sein Fach gebunden, sondern kann auch allgemeinmedizinisch arbeiten und sein Wissen ganzheitlich einsetzen. Zudem bekommen wir pro Jahr 5 Fortbildungstage.
Die Dienstwege in der My Way Betty Ford Klinik sind sehr kurz. Die Mitarbeiter in der Pflege denken viel mit und die Verwaltung sowie die Klinikleitung sind sehr unterstützend und immer ansprechbar. Die Kommunikation mit dem Verwaltungsdirektor ist auf Augenhöhe. Wir haben einen persönlichen Umgang und kaum Hierarchien.
Hier wird wirklich für unser Wohl gesorgt. Wir haben 3x pro Woche 1 Stunde Pause und 2x pro Woche eine halbe Stunde Pause. Die Zeiten können in der Regel eingehalten werden. Wir können Mittagessen vorbestellen und in Ruhe im Aufenthaltsraum essen. Wir können uns jederzeit Kaffee an den wirklich tollen Kaffeemaschinen holen – hier darf sich jeder bedienen, ganz ohne extra Kaffeekasse. Manchmal bringen mir die Patienten sogar einen Kaffee mit. Natürlich gibt es auch jede Sorte Tee.
Die Patienten sind zu 99 % höchst wertschätzend. Hier bekommt man viel Lob und Anerkennung, die echt ist. So viel habe ich noch nie erlebt. Das hat meiner Meinung nach mit der intensiven Arbeit zu tun und dass sich die Patienten angenommen fühlen.
Zudem sind bei uns fast alle Prozesse digitalisiert. Es muss also keiner unleserliche Handschriften entziffern. Wir können uns hier wirklich auf unsere Arbeit konzentrieren und ganzheitlich arbeiten.
Übernehmen Sie auch Bereitschaftsdienste?
Ich habe in der Regel eine 5-Tage-Woche und muss keine Bereitschaftsdienste am Wochenende übernehmen – diese werden von Ärzten abgedeckt, die ausschließlich Bereitschaftsdienste machen. Die angestellten Ärzte sind für die Versorgung an allen Wochentagen, inklusive den Feiertagen in der Woche, zuständig. Überstunden fallen kaum an. Man kann die Arbeit in der wöchentlichen Arbeitszeit gut schaffen – dabei ist die wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden individuell anpassbar. Ich habe zum Beispiel alle 2 Wochen einen ganzen Tag frei. Andere Kollegen arbeiten jeden Tag etwas kürzer.
Was schätzen Sie an Ihrem Arbeitgeber besonders?
Ich schätze das überdurchschnittliche Gehalt, den Dienstwagen, die 5 Fortbildungstage pro Jahr und die Möglichkeit zum ganzheitlichen, individuellen Arbeiten. Ich schätze meine tollen Kollegen, die hohe Absprachefähigkeit und Verlässlichkeit, wenn man beispielsweise mal früher gehen muss, sowie das Mitdenken auf allen Ebenen. Wir haben ein wirklich gutes Klima.
Was ich zudem sehr schätze, ist mein schönes, ebenerdiges Einzelbüro mit bodentiefen Fenstern und Blick ins Grüne, das ich nach meinen Vorstellungen mitgestalten durfte. Das ist für mich ein wichtiger Punkt, weil in meinem Raum alle medizinischen und therapeutischen Behandlungen stattfinden und ich hier dementsprechend die meiste Zeit verbringe. Ich konnte dem Verwaltungsleiter sagen, welche Möbel ich für meine Arbeit benötige. Das gilt natürlich für alle – eine Kollegin hat sogar eine Hypnosecouch für ihren Raum bekommen.
Welche Unterstützung haben Sie für Ihre fachliche Arbeit?
Das gesamte Team der Klinik unterstützt sich. Für die fachliche Weiterentwicklung steht uns der Wissenschaftliche Beirat zur Verfügung. Mit diesem trifft sich das gesamte Ärzte- und Therapeutenteam zweimal pro Jahr, um aktuelle Fragestellungen und neueste Erkenntnisse aus der Suchtforschung zu diskutieren. Das ist immer hochinteressant. 6x pro Jahr haben wir Teamsupervisionen, die unser therapeutisches Team sehr gut unterstützten. Bei Bedarf sind Einzelsupervisionen möglich.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag aus?
- 8.00 Uhr Arbeitsbeginn
- 8.00-8.30 Uhr Übergabe mit Therapeuten, Pflegekräften, Ärzten
- Ab 9.00 Uhr Einzel- und Gruppentherapien im Haus, die jeder in seinen Räumlichkeiten durchführt.
Zwischendurch Visiten 15-20 Minuten, die je nach Bedarf auch länger dauern können. - Ich behandle 2-4 Patienten an 4 Terminen pro Woche mit jeweils 50 Minuten Psychotherapie. Der Alltag ist also ziemlich ausgefüllt.
- Wir haben ein wöchentliches Teammeeting mit 2,5 Stunden und zusätzlich täglich 30-minütige Teammeetings pro Tag.
- 3x pro Woche habe wir jeweils 1 Stunde Pause, 2x pro Woche eine halbe Stunde Pause. Die Pausenzeiten sind sehr ähnlich. Ab und zu trifft man sich am Kaffeeautomaten.
In welchen Bereichen konnten Sie sich bisher beruflich/persönlich weiterentwickeln?
Ich habe mein Wissen im Bereich der Allgemeinmedizin und der Suchttherapie intensiviert. Angefangen habe ich als Fachärztin, seit September 2023 bin ich Ärztliche Leitung. Durch die Interaktionen mit dem Team und den empathischen und hochsensiblen Kolleginnen und Kollegen konnte ich mich persönlich weiterentwickeln.
Wenn Sie die Unternehmenskultur mit wenigen Begriffen beschreiben sollten, welche wären das?
Kommunikationsbereitschaft, Offenheit, neugierig, offen für Neues, Flexibilität bei klarer Struktur
Gibt es eine Geschichte oder Begebenheit, die Sie in letzter Zeit besonders berührt hat?
Generell berührt es mich, die Entwicklungen meiner Patienten mitzuerleben. Manche Patienten machen sehr große Veränderungen innerhalb weniger Wochen durch: Ein älterer Patient, der seine Ehefrau lange gepflegt hatte, rutschte nach deren Tod in eine tiefe Trauer und Alkoholabhängigkeit. Als er in akutem Zustand zu uns kam, konnte er kaum alleine laufen. Als er die Klinik verließ, hat er zwei bis drei Kilometer geschafft. Er konnte sich in der engmaschigen Therapie nicht nur seiner Sucht stellen, sondern auch seine Trauer bearbeiten und so nach der Behandlung seinen Alltag wieder aufnehmen und abstinent bleiben. Die Therapie hat dazu beigetragen, eine Pflegebedürftigkeit zu verhindern.
Welche Sportart repräsentiert das Miteinander/Arbeitsklima der MWBF besonders gut?
Rugby beschreibt manchmal den Alltag. Wir haben einen großen Kampfgeist im Team, trotzdem arbeitet man mit den Patienten alleine. Man muss gut zielen und fangen. Und wenn man den Ball hat, irgendwie nach vorne kommen – manchmal auch im Alleingang, mit dem Team im Rücken als Unterstützung. Jeder trägt viel Verantwortung und durch die individuelle Arbeit mit den Patienten ist jeder Tag interessant. Ich komme schon sehr gerne zur Arbeit.
Vielen Dank für das Interview!