In der Anamnese mit dem behandelnden Arzt werden der aktuelle Gesundheitszustand des Patienten und die jeweilige Suchtbiografie festgehalten. Diverse Testverfahren und eine umfangreiche Labordiagnostik helfen dabei den gesundheitlichen Check abzurunden. So werden normalerweise die Zustandsmarker und Verlaufsmarker bestimmt. Auf diese Weise erhält der Suchtmediziner ein umfassendes Gesamtbild, kann die Ausprägung der Abhängigkeit abschätzen und die weitergehende Behandlung exakt auf den jeweiligen Patienten abstimmen. Parallel dazu werden erste therapeutische Ziele festgelegt.
Körperlicher Entzug bzw. körperliche Entgiftung
Eine Alkoholsucht besteht aus einer psychischen und einer physischen Komponente. Die körperliche Abhängigkeit überwinden alkoholkranke Menschen mit einer medikamentös unterstützten Alkoholentgiftung. Während der kompletten Detoxikation erfolgt eine engmaschige Überwachung der Vitalfunktionen, so dass lebensgefährliche Entzugserscheinungen wie das gefürchtete Delirium tremens weitgehend ausgeschlossen werden können. Als medikamentöse Unterstützung kommen häufig Benzodiazepine sowie Clomethiazol zum Einsatz. Diese Arzneimittel wirken prophylaktisch vor einem Entzugskrampfanfall, beruhigend und helfen gegebenenfalls gegen Schlafstörungen. Um die Entzugserscheinungen zu lindern und die Rehabilitation zu unterstützen, werden in den Reha-Kliniken meist begleitende Therapien wie Achtsamkeitstraining, Entspannungstechniken, Akupunktur und Neuro-elektrische Stimulation (NES) angeboten.
Psychotherapie zur psychischen Entwöhnung
In einer Klinik, die nicht nur auf die stationäre Entgiftung, sondern auch auf die anschließende Entwöhnung spezialisiert ist, werden Alkoholsüchtige schon während, spätestens aber direkt nach dem Abklingen der Entzugserscheinungen psychotherapeutisch begleitet. Hierbei geht es um zwei wichtige Aspekte:
- Die Aufarbeitung von Ursachen, die zur Alkoholabhängigkeit geführt haben
- und das Erlernen neuer Verhaltensstrategien und -muster.
Schließlich hat das neue Leben ohne Alkohol auf lange Sicht nur dann eine Chance, wenn die Süchtigen lernen, die körperlichen und geistigen Signale richtig zu deuten und die entsprechenden Maßnahmen ergreifen, um einem erneuten Alkoholkonsum gegenzusteuern. Deshalb spielen sowohl tiefenpsychologische wie auch verhaltenstherapeutische Aspekte eine große Rolle. Die verschiedenen Sitzungen im Rahmen der Therapie werden in der Regel in Einzel- und Gruppensitzungen durchgeführt. Auch das soziale Umfeld in Form von Familienangehörigen wie Kindern, Eltern oder Partnern kann auf Wunsch in diese Phase des Entzugs einbezogen werden.
Behandlung psychischer Begleiterkrankungen (Komorbiditäten)
Häufig treten in Verbindung mit einer Alkoholsucht psychiatrische Erkrankungen auf, die im Wechselspiel mit der Suchterkrankung agieren. So wird einerseits bei einer Depression Alkohol konsumiert, um das Gefühl der Sinnlosigkeit zu bekämpfen und das Leben erträglicher zu gestalten; andererseits gehören Depressionen zu den häufigsten Folgeerkrankungen der Alkoholkrankheit. Weitere, weit verbreitete Komorbiditäten sind Angststörungen, Persönlichkeitsstörungen, Zwangsstörungen oder auch Psychosen. Für den langfristigen Erfolg der Suchttherapie ist es also immens wichtig, auch die Begleiterkrankung adäquat zu behandeln. Andernfalls wird es immer wieder zu einem Ping-Pong-Effekt zwischen Sucht und Begleiterkrankung kommen.
Unterstützung gegen den Rückfall
Im Gegensatz zu vielen anderen Krankheiten lässt sich eine substanzbezogene Abhängigkeit nie vollständig heilen. Ist das Suchtgedächtnis einmal angelegt, kann es immer wieder zu Rückfällen kommen. Ausgelöst werden diese häufig durch belastende Alltagssituationen oder durch gesellschaftliche Anlässe, die zum Trinken animieren. Dabei ist die Definition eines Rückfalls in Forschung und Praxis nicht eindeutig festgelegt. Während einige Studien nur bei einem hohen Alkoholkonsum von einem Rückfall sprechen, gehen andere Untersuchungen bereits bei einem geringen einmaligen Konsum von einem Rezidiv aus. Unabhängig von der Höhe der konsumierten Alkoholmenge steigt das Risiko für die Betroffenen, beim erneuten Trinken immer wieder in die Spirale der Sucht zu rutschen.
Daher enthält eine qualifizierte Alkoholtherapie immer auch eine umfangreiche Rückfallprävention, die meist zum Ende der Entzugstherapie stattfindet. Diese ist vielfach kognitiv-verhaltenstherapeutisch ausgelegt und fördert die Eigeninitiative und das Selbstmanagement der Betroffenen. Im Vordergrund steht die Hilfe zur Selbsthilfe; auch Belastungserprobungen sind möglich. Je nach Klinik können unterschiedliche Rückfallmodelle angewandt werden. Das aktuell bekannteste ist die Rückfalltheorie des amerikanischen Suchtpsychologen Alan G. Marlatt. Darüber hinaus werden Sport- und Kreativtherapien angeboten und ermöglichen einem abstinenten Alkoholkranken den Zugang zu neuen Hobbies, die im Alltag vom Suchtdruck ablenken und neuen Lebensmut und Motivation vermitteln können.