Co-Abhängigkeit Alkohol

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Aktualisiert am: 23.03.2021
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Co-Abhängigkeit Alkohol: alles Wichtige in 30 sec.

  • Es gibt keine anerkannte Definition der Co-Abhängigkeit, sondern die Situation muss individuell betrachtet werden.
  • Ihr werden 3 aufeinanderfolgende Phasen zugeschrieben: Verleugnung/Entschuldigung, Kontrolle & Desintegration/Anklage.
  • Folgen für die Angehörigen sind u. a. psychosomatische Symptome, Schlafstörungen und Depressionen.
  • Wichtig ist es, sich als Angehöriger Hilfe zu suchen: Sei es durch eine Therapie, eine Selbsthilfegruppe oder Gespräche mit Freunden.
  • Der Suchtkranke sollte ohne Schuldzuweisungen und Vorwürfe auf die Sucht hingewiesen werden.
  • Co-Abhängige sollten sich langfristig mit ihren eigenen Gefühlen auseinandersetzen und es schaffen, trotz Sucht glücklich zu werden.
Inhalt

Angehörige im Schatten der Alkoholsucht

Seit 1968 wird die Alkoholsucht als Krankheit anerkannt; die medizinische Behandlung gehört zu den Leistungen der gesetzlichen und privaten Krankenkassen. Auch die ganze Familie des Alkoholkranken rutscht tief in den Strudel der Sucht. Verallgemeinernd spricht man häufig von Co-Abhängigkeit bzw. Co-Alkoholismus und von einem suchtfördernden Verhalten der nahen Familienmitglieder. Diese Bezeichnung wird den Lebensumständen der Angehörigen allerdings bei weitem nicht gerecht und kann in vielen Fällen sogar kontraproduktiv sein und Schuldgefühle hervorrufen. Schließlich wird den Betroffenen indirekt eine Mitschuld an der Krankheit des Partners oder des Elternteils vorgeworfen.

Was ist eine Co-Abhängigkeit?

Bislang existiert noch keine einheitliche und von der Suchtforschung anerkannte Definition der Co-Abhängigkeit. Im Gegenteil wird diese Sichtweise in Fachkreisen sehr kontrovers diskutiert, denn die Situation der Angehörigen ist ebenso individuell zu betrachten wie die Biografie des Alkoholikers. Unumstritten ist jedoch, dass die Lebensqualität der Mit-Betroffenen stark beeinträchtigt wird und das Leben zum Teil völlig von der Alkoholsucht des anderen beherrscht wird. So ist es auch kein Wunder, dass die sogenannten „Co-Abhängigen“ Schlafstörungen entwickeln, an Burn-out und/oder Depressionen leiden oder von diffusen Ängsten gequält werden, die sie oft selbst nicht genau benennen können. Vielfach empfinden sie auch Scham und Schuldgefühle; das Suchtverhalten wird verschleiert, heruntergespielt und der Alkoholiker entschuldigt.

Schätzungen zufolge sind in Deutschland mehrere Millionen Menschen „co-abhängig“, die meisten davon Frauen. Auch die Kinder suchtkranker Eltern können eine vermeintliche Co-Abhängigkeit vom Alkohol entwickeln und zur Stärkung der Familie die Erwachsenenfunktion übernehmen. Obwohl der Begriff überwiegend im Zusammenhang mit Alkoholismus gebraucht wird, findet er auch Anwendung im Kontext anderer Suchtmittel, beispielsweise bei einer Medikamentenabhängigkeit oder einer Drogensucht.

Wie äußert sich eine Co-Abhängigkeit?

Das Leben der Angehörigen von Suchtkranken – und damit verbunden auch der Begriff Co-Abhängigkeit – wird bereits seit vielen Jahrzehnten immer wieder thematisiert und ist zum Teil stark von Modeströmungen abhängig. Die erste wissenschaftliche Arbeit zum Thema erschien im Jahr 1912. Dennoch ist es eher schwierig, den angeblichen Co-Abhängigen oder Co-Alkoholikern bestimmte allgemeingültige Verhaltensweisen zuzuordnen. Einige Mediziner sprechen auch von Co-Abhängigkeits-Phasen, von denen bisher allerdings lediglich drei Bestätigung erfuhren:

Verleugnung / Entschuldigung

Wie bei der Entwicklung einer Sucht, durchläuft in der Regel auch das Verhalten der Angehörigen bestimmte Phasen. Am Anfang wird die Sucht des Partners oder Elternteils verleugnet und das Problem bagatellisiert. Der Angehörige bringt dem Abhängigen zunächst Verständnis entgegen und versucht, nachzuvollziehen, warum der Partner trinkt. So werden Stress am Arbeitsplatz oder gesundheitliche Probleme als Entschuldigung für ein problematisches Trinkverhalten gewertet. Sobald andere Personen etwas von der Sucht bemerken, findet der „Co-Abhängige“ Erklärungen, Ausreden oder Entschuldigungen. Der Suchtkranke erhält gleichzeitig besonders viel Aufmerksamkeit, Liebe und Fürsorge.

Kontrolle

Die Abhängigkeit wird stärker und es entstehen wiederholt Konflikte. Das Problem lässt sich mittlerweile nicht mehr verleugnen und bestimmt zunehmend den Alltag. Der Co-Abhängige geht auf die Suche nach Orten, an denen der Süchtige Flaschen versteckt hat und schüttet den Inhalt weg. Gleichzeitig besteht ein verstärktes Bestreben, die Sucht nach außen hin herunterzuspielen oder zu verheimlichen. Durch diese Schutzmechanismen gegenüber dem sozialen Umfeld wird allerdings indirekt verhindert, dass der suchtkranke Partner oder das abhängige Elternteil selbst genug Leidensdruck entwickelt, um aktiv gegen sein Alkoholproblem anzugehen. Schrittweise werden immer mehr Aufgaben des Alkoholikers übernommen. Die betroffenen Menschen fangen an, den perfekten, ausgleichenden Gegenpol zum Verhalten des alkoholabhängigen Familienmitglieds zu bilden. Dahinter steckt die Hoffnung, die Abhängigkeit derart unter Kontrolle zu bekommen, dass es möglich ist, diese zu überwinden.

Desintegration / Anklage

Aufgrund seines Verhaltens wird der Suchtkranke nach und nach isoliert und erhält von der Familie immer weniger Zuwendung. Es kommt zu Aggressionen und Verachtung gegenüber dem Süchtigen; die emotionale Distanz wird größer. Der Alkoholkranke wird dafür verantwortlich gemacht, dass sich das Leben des „Co-Abhängigen“ ausschließlich um ihn und seine Sucht dreht. Zu diesem Zeitpunkt wird verstärkt nach Unterstützung im Freundes- oder Familienkreis gesucht, um Kraft für den Alltag zu schöpfen. Nicht selten werden Drohungen ausgestoßen, den Süchtigen zu verlassen.

Was sind die Folgen im persönlichen Umfeld einer Abhängigkeitserkrankung?

Aufgrund ihrer typischen Interaktionsmuster sind die Partnerinnen und Partner von Suchtkranken anfällig für destruktive und dysfunktionale Beziehungen und psychische Störungen im affektiven Bereich. Üblicherweise entwickeln sie psychosomatische Symptome wie Kopfschmerzen, Verspannungen, Schlafstörungen oder Depressionen. In den meisten Fällen führen sie ein Leben, das völlig von der Abhängigkeit des Süchtigen dominiert wird. Die eigene Person und die eigenen Interessen werden vernachlässigt; das soziale Leben verändert sich. Aus Scham erfolgt ein Rückzug aus dem Freundeskreis und von den gewohnten Aktivitäten. Häufig ist der Leidensdruck der co-abhängigen Partner so hoch, dass sie ihre Symptome mit Medikamenten bekämpfen und im schlimmsten Falle in eine Medikamentenabhängigkeit getrieben werden.

Was kann man gegen eine Co-Abhängigkeit tun?

Der erste Schritt zur Hilfe besteht darin, aus dem Schatten der Heimlichkeit zu treten und sich Hilfe zu suchen. Diese kann präventiv für die betroffenen Kinder oder beraterisch oder psychotherapeutisch für die Erwachsenen erfolgen. Neben der persönlichen Situation ist auch die Paar- oder Familiendynamik zu berücksichtigen, so dass die Therapie der vermeintlichen Co-Abhängigkeit ein weites Feld darstellt und individuell auf jeden Patienten zugeschnitten werden muss.

Sehr oft stammen sogenannte Co-Abhängige aus Familien, die sie in der Entwicklung ihrer Persönlichkeit stark gehemmt haben. Gefühlsarmut und emotionale Vernachlässigung charakterisierten das Umfeld, in dem sie aufgewachsen sind. Hier gilt es die psychische Gesundheit über alle Lebensphasen und Lebenswelten hinweg zu fördern. Die Betroffenen müssen lernen, sich verstärkt mit den eigenen Problemen und ihrer emotionalen Abhängigkeit zu befassen und ihre Abgrenzungsfähigkeit zu stärken. Wichtig ist es, zu erkennen, in welchem Bereich sie ohne Selbstaufgabe unterstützend wirken können und wann der Suchtkranke professionelle Hilfe braucht. Auch die Vermittlung von Stressbewältigungstechniken und eine Verbesserung der Kommunikationsstrategie kann hilfreich sein.

Der Besuch von Selbsthilfegruppen für Angehörige von Alkoholkranken – beispielsweise von Al-Anon – kann eine erste Entlastung bringen und den konstruktiven Austausch mit Menschen in gleicher Situation ermöglichen. Hier ist es allerdings wichtig, die genannten Verhaltensregeln kritisch zu hinterfragen und die Co-Abhängigkeit nicht als Krankheit zu verstehen.

Wie sollte sich der Umgang mit dem Suchtkranken gestalten?

Zunächst sollten Partner und Kinder eines suchtkranken Menschen den Zustand anerkennen, d. h. akzeptieren, dass die Sucht eine Krankheit ist, für die man sich nicht schämen muss. Der Abhängige sollte ohne Schuldzuweisungen und Vorwürfe ruhig und bestimmt auf die Suchtproblematik hingewiesen werden. Statt guter Ratschläge sind empathische Reaktionen und aktives Zuhören gefordert. Jegliche Kontrollversuche sollten unterlassen und der Süchtige stattdessen zu neuen Aktivitäten ermuntert werden. Am besten ist es, keine sofortige Abstinenz zu erwarten und sich auch durch Rückschritte nicht zu entmutigen lassen. Vielmehr sollte der Suchtkranke im Hintergrund unterstützt werden, sobald er Anläufe in Richtung Abstinenz nimmt.

Wie sieht das langfristige Ziel für die Mit-Betroffenen aus?

Auf lange Sicht ist es wichtig, dass sich die Betroffenen mit den eigenen Gefühlen auseinandersetzen und es schaffen, unabhängig vom Alkoholismus des Partners glücklich zu werden. Schließlich sind sie nur so in der Lage, objektiv zu beurteilen, ob sie die Beziehung mit dem Abhängigen aufrechterhalten möchten. Dies hat meist auch einen positiven Effekt auf den Suchtkranken, der ohne die schützende Hand des Partners gezwungen ist, sich mit seinem Trinkverhalten auseinanderzusetzen und sich um bestimmte Dinge selbst zu kümmern.

Zudem ist eine Beziehung mit einem Partner, der selbstbewusst und unabhängig sein eigenes Leben lebt, deutlich attraktiver als eine co-abhängige Beziehung. Es lohnt sich auf einmal, um die Partnerschaft und die Familie zu kämpfen und sich nicht resigniert der Alkoholabhängigkeit zu ergeben. Die Motivation des Alkoholkranken steigt, therapeutische Möglichkeiten in Anspruch zu nehmen.

Für den Alkoholiker selbst sollte eine erfolgreiche Behandlung der Alkoholkrankheit und eine dauerhafte Abstinenz das oberste Ziel sein. Nicht nur zur Stabilisierung der Beziehung, sondern auch der eigenen Gesundheit und Lebensqualität zuliebe. Der Alkoholentzug sollte in einer qualifizierten Entzugsklinik für Alkohol durchgeführt werden, die auch die Angehörigen in die Therapie einbezieht. Während des stationären Aufenthalts finden neben der körperlichen Entgiftung auch eine psychische Alkoholentwöhnung und eine umfangreiche Rückfallprävention statt. Zudem wird gemeinsam mit den Ärzten und Therapeuten ein tragfähiges Nachsorgekonzept für die Zeit nach der Alkoholtherapie entwickelt.

 

Ihr Kontakt zur My Way Betty Ford Privatklinik

Wir begleiten sowohl Angehörige als auch Patienten auf dem Weg in ein suchtfreies Leben. Die Angehörigen werden durch gemeinsame Gespräche mit dem Suchtkranken, Seminare und Familienaufstellungen aktiv in die Therapie einbezogen und erhalten Empfehlungen für einen besseren Umgang mit dem Abhängigen. Wir bieten Ihnen:

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