Welche zusätzlichen Faktoren beeinflussen die Tavor®-Entzug-Dauer?
Neben der Art des Entzugs beeinflussen einige weitere Faktoren die Dauer des Tavor®-Entzugs. Dazu zählen u. a.
Begleiterkrankungen und Mehrfachabhängigkeiten / Mischkonsum
Wer seit vielen Jahren Tavor® bzw. Lorazepam konsumiert, leidet meist an einer Angststörung oder Depression, die parallel zur Abhängigkeit behandelt werden muss. Andernfalls besteht ein hohes Risiko für einen Rückfall, da die Grunderkrankung nach wie vor vorhanden ist und vom Patienten „irgendwie“ bewältigt werden muss. Häufig besteht im Anschluss an die Therapie zwar eine Tavor®-Abstinenz, aber die Sucht wird auf einen anderen Wirkstoff verlagert, beispielsweise Alkohol. Um den Tavor®-Abhängigen in ein dauerhaft suchtfreies Leben zu entlassen, muss die ursächliche Erkrankung in einer intensiven Psychotherapie aufgearbeitet werden, was deutlich mehr Zeit benötigt als die Behandlung der reinen Abhängigkeit. Ebenfalls problematisch ist es, wenn die betroffenen Patienten neben Lorazepam regelmäßig ein weiteres Suchtmittel konsumieren.
Dauer und Höhe der Einnahme
Hier gilt eine ganz einfache Faustregel: Je länger die Einnahme und je höher die Dosis, desto länger dauert in der Regel der Entzug von Lorazepam. Bei einem langen Tavor®-Gebrauch in niedriger Dosierung (low dose dependency) haben sich destruktive Konsummuster stark verfestigt und die betreffenden Patienten haben in vielen Fällen regelrecht Angst davor, im Alltag ohne Tavor® zurechtzukommen. Und das obwohl sie wissen, dass ein Entzug für ihre Gesundheit unumgänglich ist. Der Körper hat sich über die Jahre hinweg an die Wirkung des Medikaments gewöhnt und ist ganz besonders auf ein langsames Ausschleichen der Dosis angewiesen, um die Entzugserscheinungen so niedrig wie möglich zu halten. Wird dies vom behandelnden Arzt berücksichtigt, kann eine Benzodiazepin-Abhängigkeit selbst von älteren Menschen, die jahrelang Tavor® oder andere Benzodiazepine konsumiert haben, erfolgreich therapiert werden.
Bei hohen Dosen hat der Patient meist eigenmächtig die Dosis erhöht, um einer Toleranz entgegenzuwirken oder konsumiert Lorazepam illegal zu Rauschzwecken.
Ein konfliktbeladenes Umfeld
Menschen, die Tavor® / Lorazepam einnehmen, um ihre innere Unruhe oder Angst wegen eines drohenden Arbeitsplatzverlustes zu lindern, oder um eine Depression aufgrund familiärer Konflikte zu bekämpfen, werden es erfahrungsgemäß schwer haben, das Suchtmittel endgültig loszulassen. Die Abstinenzmotivation ist deutlich geringer als bei Patienten, die durch ein stabiles Umfeld aufgefangen werden. Hier ist nicht nur die psychotherapeutische, sondern auch die psychiatrische Behandlung wichtig. Nicht selten müssen die Patienten medikamentös z.B. auf ein Antidepressivum eingestellt werden.